
Die Folgen von Corona für die Entsorgung von Elektroaltgeräten in Deutschland – im Gespräch mit NOEX
Die deutsche Wirtschaft steht weiterhin unter dem Einfluss der Corona-Pandemie. Auch an der Entsorgungswirtschaft ist diese Pandemie bislang ungekannten Ausmaßes nicht spurlos vorüber gegangenen. Im Gegenteil – die Entsorger von Elektro- und Elektronikaltgeräten sahen sich in den vergangenen Monaten mit gleich zwei diametral unterschiedlichen Problemstellungen konfrontiert.
Umweltmanagement-Beauftragter Axel Riemann vom Entsorger NOEX berichtet über die aktuelle Lage in Deutschland.
Welche Herausforderungen sind der deutschen Entsorgungswirtschaft durch Corona entstanden?
"Durch die zeitweilige Schließung des stationären Handels und von kommunalen Übergabestellen zur Eindämmung des SARS-CoV-2-Virus hatten viele Bürger über Wochen hinweg keine Möglichkeit, ihre alten Elektrogeräte ordnungsgemäß und umweltfreundlich „loszuwerden“. Entsprechend gering fiel die Menge der von den Entsorgern übernommenen und verwerteten Altgeräte aus.
Mit dem Ende der Einschränkungen hat sich dann die Situation umgekehrt, so dass die aktuell von den Bürgern überall in Deutschland den Kommunen und der Privatwirtschaft angedienten Altgerätemengen kaum noch zu handhaben sind. Gleichzeitig beobachten Hersteller vor allem von Haushaltsgroßgeräten und Kühlgeräten einen deutlichen Anstieg der Verkaufszahlen, was sich natürlich auch auf die zumeist parallel ablaufenden Rücknahmemengen auswirkt. Was für die Hersteller erfreulich ist, sorgt jedoch in zunehmendem Maße für Probleme auf der Entsorgungsseite, denn Anlagen- und Personalkapazitäten wie auch die behördlich genehmigten Verarbeitungsmengen sind auf die „normalen“ Inputmengen aus der Zeit vor Corona ausgelegt und lassen sich nicht einfach an die sprunghaft gestiegenen Altgerätemengen in Deutschland anpassen."
Gibt es heute noch Probleme, die auf die Covid-19 Pandemie zurückzuführen sind?
"Zu Beginn der Lockerungen nach der initialen Corona-Phase waren die meisten Fachleute der Ansicht, dass die massiven Überhangmengen ein temporäres Problem darstellen, dass sich erledigt haben sollte, sobald die Bürger in unserem Land die in Zeiten der Einschränkungen angesammelten Altgeräte bei ihren Annahmestellen abgeben konnten. Leider hat sich diese Prognose bislang noch nicht bewahrheitet. Stattdessen sehen sich die Entsorger in ganz Deutschland weiterhin gesammelten Mengen gegenüber, die auch fast 5 Monate nach dem Ende der Einschränkungen immer noch das 2- bis 2,5-fache der Mengen vor Corona ausmachen.
Gleichzeitig gelangen immer mehr öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger und Vertreiber angesichts der kontinuierlich hohen Inputmengen zunehmend an die Grenzen ihrer Aufnahmekapazitäten und haben dementsprechend einen rasant steigenden Bedarf an zusätzlichen Abholungen – ein Bedarf, der sich mit den aktuell zur Verfügung stehenden Mitteln der Entsorgungsbranche nur stark eingeschränkt bedienen lässt. Die Stiftung ear® und das Umweltbundesamt hatten dann auch zunächst die Verfolgung von Mahnungen über einen längeren Zeitraum ausgesetzt, weil sie sich der begrenzten Kapazitäten in ganz Deutschland durchaus bewusst waren und auf die gemeinsamen Anstrengungen aller Beteiligten gesetzt hatten. Da jedoch auch diese gemeinsamen Anstrengungen nur einen geringen Erfolg hatten, kann die aktuelle Situation auch nicht mit einer weiteren Aussetzung von Mahnungen gelöst werden."
Wie gehen Sie mit den Überhangmengen an Elektroschrott um?
"Die Entsorgungswirtschaft als Ganzes hat dann auch in den vergangenen Wochen und Monaten gemeinschaftlich dafür gesorgt, dass die anfallenden Mengen an Altgeräten kontinuierlich und im Rahmen der bestehenden Möglichkeiten abgebaut werden. So werden aktuell Altgeräte über bis zu 1.000 Kilometer quer durch Deutschland transportiert, um alle überhaupt noch bestehenden Verarbeitungskapazitäten maximal auszunutzen – eine Vorgehensweise, die jedoch leider ebenfalls nur sehr begrenzt beim Abbau der massiven Überhangmengen Wirkung zeigt. Die Entsorger von Elektroaltgeräten werden auch weiterhin alles in ihrer Macht stehende tun, um Lösungen für die von Corona verursachten Probleme zu finden. Doch dazu bedarf es der Mitarbeit aller Beteiligten – von den Kommunen über das Umweltbundesamt bis hin zu Bürgern und der Wirtschaft.
Doch das Wichtigste gilt für alle diese Anstrengungen:
BITTE BLEIBEN SIE GESUND!"